Weshalb sind die Anwaltskosten so hoch?

Mandanten fragen oft: Weshalb eigentlich kommt es vor, dass ein Rechtsanwalt für 1/2 Stunde Arbeit 200,00 € verlangen kann? Auf eine 38-Stunden-Woche hochgerechnet müsste jeder Anwalt dann eine Luxuskarosse vor der Tür und seine Villa in kürzester Zeit abbezahlt haben. Was also berechtigt ihn solch hohe Stundesätze zu nehmen?

Ganz einfach: Der Anwalt erbringt eine hochspezialiserte Leistung, die eine langjährige Ausbildung, eine ständige Weiterbildung und ein hohes Maß an Verantwortung und Einfühlungsvermögen erfordert. Schon vor diesem Hintergrund wäre der Lohn eines Lagerarbeiters hier nicht gerechtfertigt.

Doch das Einkommen der Anwälte wird auch aus anderen Gründen überschätzt.

Die RVG-Gebühren sind nicht gleich hoch für den gleichen Arbeitsumfang. Ein Stundenhonorar kennt das Gesetz nicht. Es kommt vielmehr auf die Höhe des Streitwertes an. Der Gesetzgeber hat eine Abstufung der RVG-Sätze nach der finanziellen Bedeutung für den Mandanten vorgenommen. Mit anderen Worten, wenn es um einen Ferrari geht, muss der Anwalt eine höhere Verantwortung übernehmen, als bei einem Fiat Panda. Diese Verantwortung schlägt sich auch in den Gebühren nieder. Das ist insofern nicht ungerecht, als dass jemand, der um einen Ferrari streitet sich auch eher diese Gebühren leisten kann. Die Vertretung in "Kleinigkeiten" ist teilweise schon unter 100 € zu haben.

Sie dürfen auch nicht vernachlässigen, dass der Anwalt nicht nur arbeitet, wenn Sie ihm dabei zusehen. Er bereitet sich auf das Gespräch vor, prüft die Akte in regelmäßigen Abständen und sichtet die Rechtsprechung zu den Rechtsfragen. Hiervon bekommen Sie nichts mit und dennoch arbeitet der Anwalt hier am Fall. Oft ist auch das Ergebnis einer stundenlangen Recherche und Fallprüfung in einem Satz zusammengefasst. "Wir lehnen Ihren Anspruch ab." Diesem Satz sieht man nicht an, wie viel Arbeit dahinter steckt.

Von einigen Mandanten wird die Einnahme des Anwalts oft mit dessen Gewinn gleichgestellt.

Der Anwalt ist ein Dienstleister, der seine Leistungen nur höchstpersönlich erbringen kann. Er hat dabei zwar Personal, deren Kosten darf er anders, als der Handwerker dem Auftraggeber nur in wenigen gesetzlich geregelten Fällen in Rechnung stellen. Auch die Kosten für Schreibkräfte und andere Hilfspersonen sind bei der Berechnung eines Stundensatzes einbezogen.

Zudem fallen für den Anwalt Kosten an, die dem Mandanten oft verborgen bleiben. So ist der Anwalt verpflichtet, ähnlich, wie ein Autofahrer, eine Haftpflichtversicherung abzuschließen, damit der Mandant im Falle einer Falschberatung seinen Schaden erstattet bekommt. Je größer die Streitwerte, desto größer auch die Versicherungsprämien.

Der sorgfältig arbeitende Anwalt hat sich auch ständig über neue Gerichtsentscheidungen, Gesetzgebungsvorhaben und Rechtslagen zu informieren. Dazu gehört das Abonement von teuren Spezialzeitschriften, die Teilnahme an Bildungsveranstaltungen, die ständige Erneuerung der Bibliothek sowie der Zugang zu juristischen Rechercheportalen.

Weitere Kosten, wie Umsatzsteuer, Büromiete, Porto und Büromaterial, die üblichen Versicherungen, die Anschaffung, die Wartung und das Leasing der technischen Geräte fallen selbstverständlich auch an.

Im Ergebnis entfallen in durchschnittlichen Einzelkanzleien von jedem eingenommenen Euro 45 Cent (bei sehr "schlanker Kostenstruktur") bis sogar 85 Cent auf die Kosten.

Bedenken Sie auch, dass die BRAGO Gebühren seit 1994 gleich geblieben, bzw. durch die EURO-Umrechnung sogar noch gesunken sind. Erst das RVG hat 2004 diese Sätze (um durchschnittlich 14 %) angehoben. Seit dem hat sich an den Gebühren nicht viel verändert. Jede Gewerkschaft hätte bei der Einfrierung der Löhne für Jahre und den folgenden Lohnkürzungen rebelliert!

Vergessen werden darf auch nicht, dass der Anwalt nicht jede Stunde, die er im Büro verbringt, abrechnen kann. Die eigentliche Mandatsbearbeitung nimmt nur einen Bruchteil der anwaltlichen Arbeiten ein. Hinzu kommen organisatorische Arbeiten, wie Aktenverwaltung und Terminsüberwachung, Überwachung des Posteingangs, Öffentlichkeitsarbeit, Akquise neuer Mandanten und vieles mehr. Diese Tätigkeiten werden dem Anwalt - anders, als einem Arbeitnehmer mit 38-Stunden-Woche - nicht vergütet.

Hinzu kommen noch die Fälle, in denen der Anwalt Beratungshilfe gewährt oder lediglich die Kosten der Prozesskostenhilfe bekommt. Als Beispiel sei nur genannt, dass ein Anwalt der aufgrund eines Beratungshilfescheins einen Mandanten vertritt - unabhängig davon, ob er nun 30 Minuten oder 30 Stunden für ihn arbeitet - lediglich 70 € bekommt. Diese Mandate müssen auch über die verbleibenden Gebühren finanziert werden. Ein Gewinn lässt sich auf dieser Basis nämlich nicht erwirtschaften.

Fernsehserien, in denen die Anwälte große Autos fahren und schon Mittags nach getaner Arbeit in den eigenen Swimmingpool steigen sind also nur eins - Fernsehserien eben!

Fälle in denen die Beauftragung eines Rechtsanwaltes trotz der Kosten geboten oder sogar notwendig ist.

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