Mehrvertretungsgebühr nach RVG VV 1008

Für die Vertretung mehrerer Mandanten kann der Rechtsanwalt in einer Angelegenheit eine Mehrvertretungsgebühr
berechnen.
1. Mehrere Mandanten
Der Rechtsanwalt muss bei der Vertretung also von mehreren Mandanten beauftragt worden sein. Nicht notwendig ist, dass der Auftrag gleichzeitig erteilt werden muss.
Ob nun ein oder mehrere Mandanten den Auftrag erteilt haben, beurteilt sich nach der Anzahl der (teil-)
rechtsfähigen Personen, die Partei des Rechtsstreites werden. Damit sind GmbH, oHG, KG, AG ebenso
nur eine Partei, wie eine GbR oder eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Treten Personenmehrheiten auf, die als solche
nicht rechtsfähig sind, wie z.B. bei einer Erbengemeinschaft oder mehrere Mieter oder Vermieter einer Wohnung, liegen mehrere Parteien vor und die
Mehrvertretungsgebühr fällt an.
Auch bei internen Streitigkeiten innerhalb eines rechtsfähigen Subjektes können die Beteiligten mehrere
Auftraggeber sein. Wenn z.B. ein Eigentümer einer WEG ein Beschlussanfechtungsverfahren betreibt, sind die
beitretenden Wohnungseigentümer entweder Anfechtender oder Anfechtungsgegner. Werden durch einen Anwalt
mehrere Wohnungseigentümer vertreten, fällt die Mehrvertretungsgebühr an.
2. Höhe der Mehrvertretungsgebühr
Für jeden Mandanten kann der Rechtsanwalt abhängig von der Art der Gebühren die Erhöhung geltend machen.
a) Satzrahmengebühren
Beurteilen sich die Gebühren nach dem Streitwert und nach einem Gebührensatz, wie etwa bei der Geschäfts- oder Verfahrensgebühr in zivilrechtlichen oder verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten erhöht sich die Gebühr um 0,3
Gebühren bis zum Maximalbetrag von 2,0 Gebühren. Mehr als 8 Mandanten wirken sich damit gebührenrechtlich nicht mehr aus.
Die Gebühr fällt unabhängig davon ab, wie hoch der Gebührensatz der Ausgangsgebühr ist. So fällt die
Erhöhung für einen zusätzlichen Mandanten im Berufungsverfahren (von 1,6 auf 1,9) mit knapp 19 % deutlich
geringer aus, als z.B. die Erhöhung in einem Zwangsvollstreckungsverfahren (von 0,3 auf 0,6 Gebühren)= 100%.
Die Mehrvertretungsgebühr ist in unserem RVG Rechner berücksichtigt.
b) Betragsrahmengebühren
Gibt das Gesetz, wie z.B. im Sozialgerichtsverfahren nur Rahmen für Beträge vor, so erhöhen sich der jeweils
untere und obere Rahmen um 30 % für jeden weiteren Mandanten. Auch hier darf das Doppelte der jeweiligen untersten
und obersten Gebühr um nicht mehr als das Doppelte der Ausgangsgebühr überschritten werden.
Beträgt die unterste Gebühr also 100 €, so darf der Zuschlag insgesamt also nur 200,00 € betragen. Die
unterste Rahmengebühr kann damit auf 300,00 Euro angehoben werden.
c) Festgebühren
Legt das Gesetz eine Festgebühr fest, wie z.B. bei der Geschäftsgebühr in Beratungshilfesachen. So erhöht sich
diese bei der Vertretung mehrerer Mandanten um 30 %. Die Beratungsgebühr in Beratungshilfesachen beträgt damit
bei einem zusätzlichen Mandanten statt 35,00 Euro stattliche 45,50 Euro.
3. Anrechnung
Die Mehrvertretungsgebühr ist keine eigene Gebühr, sondern stellt nur eine Erhöhung der Ausgangsgebühr dar.
Dieser Umstand wirkt sich besonders bei der Anrechnung der Mehrvertretungsgebühr aus. Die Anrechnung bemisst
sich nämlich nach dem Gesamtbetrag der erhöhten Gebühr.
Vertritt ein Rechtsanwalt zwei Mandanten bei der Geltendmachung eines Anspruches ergibt sich die
Geschäftsgebühr z.B. aus der Regelgebühr von 1,3 Gebühren nach RVG VV 2300 und dem Mehrvertretungszuschlag
nach RVG VV 1008 in Höhe von 0,3 Gebühren. Die Geschäftsgebühr beträgt damit 1,6 Gebühren. Auf das
nachfolgende Gerichts- oder Mahnverfahren sind damit 50 % der Gebühr (hier eigentlich 0,8 Gebühren) maximal
aber 0,75 Gebühren anzurechnen.
4. Begriff einer Angelegenheit
Die Erhöhung greift aber nur ein, wenn die Vertretung in ein und derselben Angelegenheit erfolgt. Die
Beurteilung erfolgt danach, ob für die Angelegenheit ein innerer Zusammenhang besteht. Das ist regelmäßig der
Fall, wenn ein Anspruch von Gesamtgläubigern oder gegen Gesamtschuldner geltend gemacht wird.
Beispielsweise besteht der innere Zusammenhang, wenn die drei Mieter einer Wohngemeinschaft nach Vertragsende
die Rückzahlung der Kaution verlangen. Dass die Mieter die Kaution im Innenverhältnis aufteilen, spielt keine
Rolle. Sie müssen den Anspruch als Gesamtgläubiger geltend machen.
Verlangen dagegen mehrere Mieter unterschiedlicher Wohnungen eines Hauses eine Betriebskostenerstattung, so ist jeder Anspruch eine
eigene Angelegenheit. Es gibt keine Mehrvertretungsgebühr. Dafür können die Streitwerte aber addiert oder in
getrennten Verfahren geltend gemacht werden.
5. Mehrvertretungsgebühren auf Verfahrensgebühren
Die Mehrvertretungsgebühr fällt auf alle Gebühren an, die als Verfahrensgebühr oder als Geschäftsgebühr
bezeichnet sind, also nicht nur in Klageverfahren. Nicht erhöht werden Terminsgebühren und Einigungsgebühren.
Fallen in einem Verfahrenszug mehrere Verfahrensgebühren an (z.B. beim gerichtlichen Mahnverfahren) so entsteht nur eine Erhöhungsgebühr pro Verfahrenszug.