Logo

Die BGH-Rechtsprechung zu den außergerichtlichen Anwaltskosten ist durch § 15 a RVG korrigiert worden


Das BGH Urteil vom 07.03.2007 zum Aktenzeichen VIII ZR 86/06 hat die Anwaltschaft bei der Geltendmachung der außergerichtlichen Anwaltskosten zu erheblichen Klimmzügen veranlasst.

In seinem Leitsatz stellte das Gericht fest: "Ist nach der Vorbemerkung 3 Abs. 4 zu Nr. 3100 VV RVG eine wegen desselben Gegenstandes entstandene Geschäftsgebühr anteilig auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen, so vermindert sich nicht die bereits entstandene Geschäftsgebühr, sondern die in dem anschließenden gerichtlichen Verfahren anfallende Verfahrensgebühr."

Im Ergebnis fielen damit für den Anwalt die gleichen Gebühren an. Lediglich bei der Erstattungsfähigkeit ergaben sich gravierende Unterschiede.

Fall 1: Der Mandant macht einen Anspruch zunächst außergerichtlich geltend und klagt diesen dann später ein. Hier ist schon im Rahmen der Klage die volle außergerichtliche Geschäftgebühr nach RVG VV 2400 geltend zu machen. Später dann im Kostenfestsetzungsantrag ist die um die hälftige Geschäftsgebühr gekürzte Verfahrensgebühr zu beantragen. Nur so kann ein vollstreckbarer Titel über die gesamten Kosten erwirkt werden. Voraussetzung ist, dass ein Anspruch aus den Regeln des Verzuges oder des Schadensersatzes gegeben sind.

Fall 2: Der Mandant wird unberechtigt vom Gegner in Anspruch genommen. Er lässt sich außergerichtlich und gerichtlich von einem Anwalt vertreten.
Hier wurde die Tragweite der Entscheidung deutlich. Entstand aus der unberechtigten Geltendmachung des Anspruches ein Schadensersatzanspruch, musste der Anwalt diesen als Klageerwiderung geltend machen. Ohne einen solchen materiellrechtlichen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die erfolglose Abwehr gab es für den Mandanten keine Möglichkeit die außergerichtlichen Kosten erstattet zu bekommen. Doch diese Entscheidung ging noch weiter. Die nicht erstattungsfähigen Kosten waren nun auch noch auf die gerichtlichen Kosten anzurechnen, die im Falle der erfolgreichen Abwehr eigentlich erstattungsfähig wären. Folge war: der Mandant, der erfolgreich eine Forderung abwehrt, bekommt weniger Gebühren von der Gegenseite erstattet, als im Prozess angefallen sind.

Diese Rechtsprechung wurde von vielen Kollegen kritisiert, da sie den bestraft, der sich rechtzeitig um anwaltliche Beratung und Vertretung bemüht. Aus diesem Grunde habe ich im Petitionsausschuss des Bundestages eine Petition eingereicht und die Änderung der Anrechnung entsprechend der früheren Praxis - hilfsweise die Einführung eines materiellrechtlichen Erstattungsanspruches für zu Unrecht in Anspruch genommene - angeregt. Die Petition wurde im Dezember 2007 den Fraktionen vorgelegt.

Am 05.08.2009 war es dann endlich so weit. Der neue § 15 a RVG passierte den Bundestag. Er legt fest, dass sich eine Partei nicht auf die Anrechnung der Verfahrensgebühr auf die Geschäftsgebühr berufen darf, wenn sie noch keine Zahlungen auf die anzurechnenden Kosten geleistet hat, ein Vollstreckungstitel dazu besteht oder die Kosten im gleichen Verfahren gegen ihn geltend gemacht wurden.

Damit sind wieder die vollständigen anwantlichen Kosten erstattungsfähig. Die neue Fassung des § 15 a RVG beantwortet auch die Frage nach der Behandlung der Altfälle. Diverse Landgerichte haben bereits in Beschlüssen festgestellt, dass diese Vorschrift keine Gesetzesänderung, sondern eine Klarstellung der bisherigen Gesetzeslage ist. Daher ist diese auch auf Altfälle anzuwenden.

Da hat die Demokratie doch mal wieder funktioniert.

Stand: 01.07.2017

RVG-Rechner
Haftung/Daten | Sagen Sie Ihre Meinung! | Impressum